Was ist Reverse T3 (rT3)?
Für die Konvertierung von T4 in T3 sind die sog. Dejodasen (Umwandlungsenzyme) zuständig. Dejodase III (D3) ist für die Inaktivierung von T4 bzw. T3 durch Umwandlung in die inaktiven Metaboliten rT3 bzw. T2 zuständig, Zweck der Inaktivierung ist der Schutz gegen zu viele Schilddrüsenhormone.
Wo spielt rT3 eine bedeutende Rolle?
D3 und somit rT3 spielt vor allem in der fötalen Entwicklung eine Rolle. Während dieser Zeit wird T4 durch Konversion in reverse T3 zum Zwecke des Schutzes gegen zu viele Schilddrüsenhormone von der Mutter. Die Dejodase III ist in überdurchschnittlich hoher Menge in fötalem Gewebe vertreten.
Darüber hinaus spielt D3 in pathophysiologischen Ausnahmesituationen im Erwachsenenalter eine regulierende Rolle im Schilddrüsenhormon-Metabolismus und auch hier geht es um Schutz gegen Hormonüberschuss bei schweren/fatalen Krankheiten oder Zuständen.
D3 (und somit rT3) findet sich im Normalfall in nur wenigen erwachsenen Gewebearten (Gehirn, Haut und schwangere Gebärmutter), hingegen ist sie überreich vorhanden in folgenden fötalen Geweben: Leber, Gehirn, diverse Epithel-Arten, Nabelschnur-Arterien und -Venen, Lunge, Herz, Verdauungsorgane, Haut - sowie überreich in der Plazenta, wo sie den Fötus vor einem mütterlichen Hormonüberschuss schützt. Re-aktiviert wird D3 im Erwachsenenalter in diversen schweren pathophysiologischen Zuständen ("Euthyroid Sick Syndrom", "Low T3-Syndrom", Non-Thyroidal Illness (=NTIS)), dazu gehören: Krebs, Herzvergrößerung, Herzinfarkt, chronische Entzündungen und kritische Krankheiten. Wegen seiner Präsenz sowohl im fötalen als auch im entarteten/kranken Gewebe nennt man es auch "das oncofetale Enzym". [Zu ergänzen wäre, dass übertriebenes Fasten und Anorexie auch zu den Zuständen gehören, die die Dejodase III vermehrt auf den Plan rufen.]
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21398344/
Man kann einen rT3-Wert nicht einmal im Kontext von NTIS richtig interpretieren - denn höheres rT3 bedeutet keineswegs zwingend eine umfassend erniedrigte T3-Versorgung oder Unterfunktion:
Schwerkranke (NTIS-)Patienten mit Beeinträchtigung der SD-Hormonhomöostase zeigen einen niedrigen Serum-T3-Wert bei höheren reverse-T3-Werten, niedrigeres fT4 und normales oder leicht erniedrigtes TSH. Allerdings, da klare Zeichen von Hypothyreose in diesen Patienten fehlen, ist es fragwürdig, dass bzw. ob zellinternes T3 und T3-Signalwege ebenfalls reduziert sind oder nicht.
https://www.frontiersin.org/articles...2.1044691/full
Unser Wissen über den T4-Metabolismus wurde deutlich vermehrt durch eine spezifische Radioimmun-Messmethode für Reverse T3. Man hat rT3 gefunden im Serum von gesunden, hypothyreoten, hyperthyreoten und athyreoten Personen. Es hatte den Anschein, dass die Änderungen im Serum-T3 und rT3 in schwerkranken Patienten (NTIS) Bemühungen im Sinne einer Homöostase zur Einsparung von Energie sind. Aber rT3 hat sich nicht als zuverlässiger Marker erwiesen, wenn es darum ging, NTIS und Hypothyreose in Schwerkranken zu unterscheiden/auseinanderzuhalten. Eine retrospektive Studie hat gezeigt, dass unterschiedliche rT3-Serumspiegel mit einer ganzen Bandbreite unterschiedlicher Hormonkonstellationen assoziiert werden können.
https://www.frontiersin.org/articles...019.00856/full
Niemand sollte glauben, dass die Bestimmung von rt3 im Kontext der Hormonsubstitution irgend etwas sinnvoll Interpretierbares ergibt.