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Thema: Reverse T3 (rT3): Messung überflüssig

  1. #1
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    Standard Reverse T3 (rT3): Messung überflüssig

    Was ist Reverse T3 (rT3)?
    Für die Konvertierung von T4 in T3 sind die sog. Dejodasen (Umwandlungsenzyme) zuständig. Dejodase III (D3) ist für die Inaktivierung von T4 bzw. T3 durch Umwandlung in die inaktiven Metaboliten rT3 bzw. T2 zuständig, Zweck der Inaktivierung ist der Schutz gegen zu viele Schilddrüsenhormone.

    Wo spielt rT3 eine bedeutende Rolle?
    D3 und somit rT3 spielt vor allem in der fötalen Entwicklung eine Rolle. Während dieser Zeit wird T4 durch Konversion in reverse T3 zum Zwecke des Schutzes gegen zu viele Schilddrüsenhormone von der Mutter. Die Dejodase III ist in überdurchschnittlich hoher Menge in fötalem Gewebe vertreten.

    Darüber hinaus spielt D3 in pathophysiologischen Ausnahmesituationen im Erwachsenenalter eine regulierende Rolle im Schilddrüsenhormon-Metabolismus und auch hier geht es um Schutz gegen Hormonüberschuss bei schweren/fatalen Krankheiten oder Zuständen.

    D3 (und somit rT3) findet sich im Normalfall in nur wenigen erwachsenen Gewebearten (Gehirn, Haut und schwangere Gebärmutter), hingegen ist sie überreich vorhanden in folgenden fötalen Geweben: Leber, Gehirn, diverse Epithel-Arten, Nabelschnur-Arterien und -Venen, Lunge, Herz, Verdauungsorgane, Haut - sowie überreich in der Plazenta, wo sie den Fötus vor einem mütterlichen Hormonüberschuss schützt. Re-aktiviert wird D3 im Erwachsenenalter in diversen schweren pathophysiologischen Zuständen ("Euthyroid Sick Syndrom", "Low T3-Syndrom", Non-Thyroidal Illness (=NTIS)), dazu gehören: Krebs, Herzvergrößerung, Herzinfarkt, chronische Entzündungen und kritische Krankheiten. Wegen seiner Präsenz sowohl im fötalen als auch im entarteten/kranken Gewebe nennt man es auch "das oncofetale Enzym". [Zu ergänzen wäre, dass übertriebenes Fasten und Anorexie auch zu den Zuständen gehören, die die Dejodase III vermehrt auf den Plan rufen.]
    https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21398344/

    Man kann einen rT3-Wert nicht einmal im Kontext von NTIS richtig interpretieren - denn höheres rT3 bedeutet keineswegs zwingend eine umfassend erniedrigte T3-Versorgung oder Unterfunktion:

    Schwerkranke (NTIS-)Patienten mit Beeinträchtigung der SD-Hormonhomöostase zeigen einen niedrigen Serum-T3-Wert bei höheren reverse-T3-Werten, niedrigeres fT4 und normales oder leicht erniedrigtes TSH. Allerdings, da klare Zeichen von Hypothyreose in diesen Patienten fehlen, ist es fragwürdig, dass bzw. ob zellinternes T3 und T3-Signalwege ebenfalls reduziert sind oder nicht.
    https://www.frontiersin.org/articles...2.1044691/full

    Unser Wissen über den T4-Metabolismus wurde deutlich vermehrt durch eine spezifische Radioimmun-Messmethode für Reverse T3. Man hat rT3 gefunden im Serum von gesunden, hypothyreoten, hyperthyreoten und athyreoten Personen. Es hatte den Anschein, dass die Änderungen im Serum-T3 und rT3 in schwerkranken Patienten (NTIS) Bemühungen im Sinne einer Homöostase zur Einsparung von Energie sind. Aber rT3 hat sich nicht als zuverlässiger Marker erwiesen, wenn es darum ging, NTIS und Hypothyreose in Schwerkranken zu unterscheiden/auseinanderzuhalten. Eine retrospektive Studie hat gezeigt, dass unterschiedliche rT3-Serumspiegel mit einer ganzen Bandbreite unterschiedlicher Hormonkonstellationen assoziiert werden können.
    https://www.frontiersin.org/articles...019.00856/full

    Niemand sollte glauben, dass die Bestimmung von rt3 im Kontext der Hormonsubstitution irgend etwas sinnvoll Interpretierbares ergibt.

  2. #2
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    Standard AW: Reverse T3 (rT3): Messung überflüssig

    Aus einer aktuellen Übersichtsarbeit beauftragt durch die American Thyroid Association (ATA) über schilddrüsenhormonbezogene Laborwerte, deren Eigenschaften, Interpretation und Nutzen - hier über die rT3-Messung, Übersetzung von mir:

    Das rT3 als inaktives T4-Metabolit (im Gegensatz zum aktiven Metaboliten T3) bindet nicht an den zellinternen T3-Rezeptoren und steht somit nicht in Konkurrenz zu T3. Die Messung des rT3 wird in Laienpublikationen als möglicher Messparameter für die T4- oder T3-Therapie empfohlen, aber es gibt keine Evidenz für eine derartige Verwendung des rT3-Wertes.

    rT3 wird typischerweise höher bei sehr schwerer (nicht die Schilddrüse betreffender) Krankheit (non-thyroidal illness, NTIS), bei dem der T3-Wert fällt. Aber auch hier ist die Messung von rT3 überflüssig, es sei denn, es besteht die Notwendigkeit, eine zentrale Hypothyreose abzuklären. Da aber rT3-Messkits nicht allgemein zur Verfügung stehen, ist die T3-Messung auch bei Verdacht auf NTIS ausreichend. Die Berechnung des rT3/T3-Verhältnisses ist nur im Kontext vermuteter, aber seltener genetischer Abweichungen sinnvoll, sowie für die Diagnose des ebenfalls seltenen Syndroms Konsumptive Hypothyreose (infolge der Überexpression des Dejodaseenzyms D3).

    Abgesehen von diesen 3 seltenen Ausnahmesituationen gibt es keinerlei Notwendigkeit für die Messung des rT3.


    Unlike the active T4 metabolite T3, rT3 is an inactive metabolite of T4 as it does not bind or compete with T3 at the T3 receptor.88 Measurement of rT3 is widely cited in the lay press as a potential marker to guide T4 or T3 therapy, however, there is currently no evidence to support this application. Serum rT3 typically rises as T3 falls during nonthyroidal illness; consequently, measurement of rT3 adds little to this diagnosis unless nonthyroidal illness is confounding the diagnosis of central hypothyroidism.89However, as rT3 assays are not widely available, measurement of T3 is more practical, cheaper, and as effective as measuring rT3 if nonthyroidal illness syndrome is suspected.88,90 Other current uses of rT3 analysis and the calculation of the serum rT3/T3 ratio are confined to the diagnosis of rare genetic thyroid conditions91,92 and the diagnosis of the rare consumptive hypothyroidism syndrome due to the overexpression of deiodinase enzyme 3.93 Except for these three uncommon situations, there is no need to measure rT3 in routine clinical practice.
    Das Fettgedruckte ist besonders interessant angesichts Alternativheiler (u.ä.), die damit argumentieren wollen, dass das rT3 mit T3 "konkurriert" bzw. dieses zellintern "verdrängt" und man die T3-Rezeptoren mit schön viel T3 (T3-only Therapie) saubermachen müsse.

    Quelle https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/thy.2023.0169

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